Hierarchie, Christoph, Bauer, Selbstorganisation, Retrospektive

So klappt die Selbstorganisation in Teams ohne formale Führung!

Die meisten Unternehmen sind traditionell hierarchisch strukturiert. Sie funktionieren als System, in dem jeder Mitarbeiter einen Chef hat, und dieser Chef hat ebenfalls einen Chef. So funktionierten sie gestern und heute – aber auch noch in Zukunft?

Es gibt immer mehr Unternehmen, die dieses Konstrukt der formalen Führung in Frage stellen und auf die Selbstorganisation ihrer Teams setzen. Was große Chancen mit sich bringt, aber auch Ängste: Denn wie endet die Selbstorganisation ohne formale Führung nicht in Chaos, sondern in Erfolg?

Hierarchie ≠ Hierarchie

Aber lassen Sie uns zunächst einen differenzierten Blick auf das Thema werfen – denn Hierarchie ist nicht gleich Hierarchie.

Auf der einen Seite steht die formal legitimierte Hierarchie, in der feste Rollen und verbriefte Positionen eine wichtige Rolle spielen. Diese Form der formalen Hierarchie gibt es in selbstorganisierten Teams nicht.

Ihr steht die sozial emergente Hierarchie gegenüber, bei der jeweils derjenige in Führung geht, der das meiste Wissen oder die meiste Begeisterung für das jeweilige Thema hat. Bei einem anderen Thema übernimmt jemand anderes die Führung. Das ist geteilte Führung im Team und findet insbesondere in selbstorganisierten Teams ohne formale Führung statt.

Die kritischen Stimmen rufen nun: „Naja, wer sich da hervortut, muss nicht unbedingt der Kompetenteste sein. Vielleicht führt er einfach nur gerne oder will sich profilieren“.

Meine Antwort darauf? Ja, solche Dynamiken können in sozialen Systemen entstehen. Selbstorganisierte Teams sind jedoch in der Lage, damit umzugehen. Sie müssen dem nur Beachtung schenken. Formale Macht ist dazu nicht erforderlich.

Um es Ihnen etwas leichter zu machen, habe ich ein äußerst wichtiges Instrument für Sie, mit dem die Selbstorganisation in Gruppen gelingt: die Retrospektive.

Die fünf Phasen der Retrospektive

In der Retrospektive besprechen die Teammitglieder in regelmäßigen Abständen, was in der Zusammenarbeit gut funktioniert – und was nicht. Die Retrospektive ist äußerst wichtig, damit sich Spannungen im Team nicht anstauen und irgendwann eskalieren.

Wenn Sie als Führungskraft die Selbstorganisation Ihrer Mitarbeiter stärken wollen, ist es wichtig, dass Sie Ihr Team befähigen, gute Retrospektiven durchzuführen. Denn Selbstverantwortung des Teams heißt auch, die Verantwortung dafür zu übernehmen, soziale Dynamiken selbst zu regulieren.
Ob Sie als Führungskraft selbst teilnehmen sollten, ist nicht pauschal zu beantworten. Dies hängt von der Kultur des Miteinanders ab. Die Mitarbeiter sollten in jedem Fall frei sprechen können – auch wenn Sie dabei sind. Alternativ können Sie einen Coach zur Moderation nutzen.

Die Retrospektive läuft in fünf Phasen ab:

  1. Ankommen: Sie begrüßen die Teilnehmer und prüfen, ob sie das Gefühl haben, offen reden zu können. Die Retrospektive bringt nämlich nur etwas, wenn Ihr Team das Gefühl hat, offen reden zu können – ohne mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen. Ist das nicht der Fall und sie trauen sich nicht, offen zu sprechen, sollten Sie herausfinden, was ihnen dazu fehlt.
  2. Daten sammeln: Fragen Sie jeden, was seiner oder ihrer Meinung nach in der Zusammenarbeit gut oder schlecht gelaufen ist, seit sie das letzte mal für eine Retrospektive zusammengekommen sind. Dabei sollte wirklich jeder seine Erfahrungen schildern. Diese werden gesammelt, beispielsweise auf Post-Its oder einer Tafel.
  3. Erkenntnisse gewinnen: Aus den Antworten und Erfahrungen arbeiten Sie dann heraus, was Sie bezüglich der Zusammenarbeit bis zur nächsten Retrospektive oder in den kommenden Wochen verbessern möchten. Auch diese Ideen halten Sie zum Beispiel auf Post-Its fest.
  4. Entscheiden: Sie können in der Regel nicht alles auf einmal umsetzen. Deshalb sollten Sie priorisieren, auf welche Maßnahmen Sie den Fokus setzen möchten. Treffen Sie konkrete Vereinbarungen.
  5. Abschließen: Sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeiter bzw. Teammitglieder mit einem guten Gefühl aus der Retrospektive gehen. Dies erreichen Sie beispielsweise durch einen Wertschätzungsteil: Eine Möglichkeit ist, dass jeder sich einen Kollegen sucht und ihm sagt, was er an der Zusammenarbeit mit ihm schätzt.

Kontinuierliche Verbesserung

Abgesehen davon ist Transparenz zwar wichtig, Ihr Team braucht aber auch einen Schutzraum, in dem es agiert. Dinge, die während der Retrospektive besprochen werden, sollten nicht öffentlich gemacht werden. Ohne diesen Schutzraum besteht die Gefahr, dass sich das Team nicht traut, Kritisches anzusprechen. Aus Angst, dass es sie zum Beispiel bei der jährlichen Beurteilung wieder einholt, wenn sie einen Kollegen kritisieren.

Weiterhin braucht es natürlich Vertrauen im Team. Wenn die Mitglieder der Gruppe sich nicht vertrauen, wird auch keine konstruktive Auseinandersetzung möglich sein.

Der große Vorteil der Retrospektive? Es ermöglicht – im agilen Kontext – das Prinzip der kontinuierlichen Verbesserung. Und genau durch diese kontinuierliche Verbesserung der Zusammenarbeit, durch Überprüfung und Anpassung, erreichen Sie etwas sehr wertvolles: Hochleistungsteams.

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