Christoph Bauer
Kollaborativ arbeiten: Was im Kern wirklich zählt – Christoph Bauer

Kooperativ arbeiten: Was im Kern wirklich zählt

Immer mehr Unternehmen wird bewusst, dass sie besser kooperieren, besser zusammenarbeiten müssen, um trotz der Veränderungen der Märkte erfolgreich zu bleiben. Wenn Sie das für Ihr Unternehmen auch festgestellt haben, haben Sie sicher schnell erfahren, dass es nicht damit getan ist, Ihren Mitarbeitenden zu sagen: „Ab heute arbeiten wir besser zusammen.“

Trotz aller Appelle kommen Szenen wie die folgende immer wieder vor …

Kooperativ zusammenarbeiten – mit der da?

„Diese Kollegin, die Frau Berger, macht nur Dienst nach Vorschrift.“, echauffierte sich erst kürzlich eine Teilnehmerin in einem meiner Workshops. „Wir anderen Kollegen müssen für sie mitarbeiten, aber das ist ihr ganz egal. Mit der kann man einfach nicht zusammenarbeiten!“
Ich frage zurück: „Und warum engagiert sich Frau Berger so wenig?“ „Keine Ahnung!“, antwortet die Teilnehmerin fast entrüstet, „Sie will halt nicht. Das Team scheint ihr egal zu sein.“

Offensichtlich hatte noch keiner im Team die Kollegin auf ihr Verhalten angesprochen und nach den Gründen gefragt. Alle haben sich ein eigenes Bild zur Kollegin zurechtgelegt und sie als unkollegial abgestempelt.

Was dahinter steckt, ist ein negatives Menschenbild.

Selbsterfüllende Prophezeiung

Dieses negative Bild besagt, dass jeder ausschließlich auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist und auch in der Zusammenarbeit nur seine eigenen Interessen verfolgt. Es ist das in unserer Wirtschaft und Gesellschaft tief verankerte Bild vom Homo oeconomicus. Das führt zu einer (Erwartungs-)Haltung, dass Mitarbeitende, die sich nicht mit vollem Engagement für das Team einbringen, aus Eigennutz handeln. Und von ihnen auch nichts anderes zu erwarten ist.

Tragischerweise wird ein solches Menschenbild zu einer negativen selbsterfüllenden Prophezeiung: Wenn ich davon ausgehe, dass andere aus Eigennutz handeln und zuerst an sich selbst denken, dann werde ich mich selbst absichernd verhalten und darauf achten, nicht ausgenutzt zu werden. Diese Haltung ist Gift für jede Kooperation, für jede Zusammenarbeit jenseits von persönlichen Interessen.

Menschenbild – Haltung – Umfeld

Haben Sie dagegen ein positives Menschenbild, so ist Ihre Haltung jedem Einzelnen gegenüber eine andere: Denn Sie gehen davon aus, dass der Mensch an sich zusammenarbeiten und seine Gemeinschaft unterstützen MÖCHTE. Dass er ein Homo cooperativus ist. Wenn er sich anders verhält, wenn jemand sich nicht so engagiert, muss es gute Gründe dafür geben. Diese Gründe herauszufinden und ein wohlwollendes und offenes Gespräch zu suchen, wäre dann eine mögliche Reaktion. Vielleicht hat Frau Berger den Eindruck, dass ihr Beitrag gar nicht so wichtig ist. Vielleicht ist sie überfordert oder ihr Muster des Perfektionismus führt zur Angst, es nicht gut genug zu machen, oder Fehler zu machen, sodass sie sich lieber zurückhält.

Ich empfehle Ihnen: Begegnen Sie den Menschen mit einer wohlwollenden Haltung. Interessieren Sie sich für die individuelle Situation und individuelle Wirklichkeitslogik der Mitarbeitenden. So schaffen Sie ein Umfeld, in dem sich jeder emotional sicher fühlt, sich deswegen auch nicht absichernd verhalten muss, sondern sich frei einbringen kann. Das schließt übrigens nicht aus, sich auch kritisch mit unangebrachtem Verhalten oder schlechten Ergebnisse auseinanderzusetzen. Aber eben in einer anderen Haltung. In der Annahme, dass alle Mitarbeitenden ihr Bestes geben möchten.

Im Beispiel von Frau Berger habe ich später erfahren, dass sie tatsächlich der Ansicht war, sie als Teammitglied und ihre Beiträge seien gar nicht so wichtig. Als dies ausgesprochen war und sie hörte, dass das Gegenteil der Fall ist, löste sich auch der Konflikt auf und das Team kam in eine bessere Zusammenarbeit.

Diese drei Elemente – das Menschenbild, die Haltung, das Umfeld – bilden deshalb den Kern des kooperativen Arbeitens. Solange Sie diesen Kern nicht beherzigen, werden alle hilfreichen Maßnahmen, mit denen Sie die Zusammenarbeit in Ihrem Unternehmen fördern möchten, nicht die gewünschte Wirkung zeigen. Auch wenn Collaboration insgesamt fünf Dimensionen hat, an denen Sie ansetzen können und sollten: Hier ist also der richtige Ausgangspunkt für all Ihre Bemühungen.

Deshalb lautet meine Empfehlung für Sie:

Homo cooperativus statt Homo oeconomicus

Auch wenn Sie – so wie die meisten – in wirtschaftlichen Dingen anders sozialisiert sind: Probieren Sie es doch einfach mal aus, wie es ist, wenn Sie in Ihren Mitarbeitenden und Kollegen nicht den Homo oeconomicus sehen, sondern den Homo cooperativus. Erwarten Sie das Beste von ihnen, denken Sie wohlwollend von ihnen: Sie werden sehen, wie viel produktiver sie alle gemeinsam werden, weil sie dann wirklich zusammenarbeiten.

Ihr Christoph Bauer

PS: Erfahren Sie in meinen folgenden Blogs mehr dazu, welche fünf Dimensionen um den geschilderten kooperativen Kern herum gelingende Zusammenarbeit ausmachen – und wie Sie die Qualität der Zusammenarbeit in Ihrem Unternehmen erhöhen. Lassen Sie die Menschen zu Gestaltern ihres gemeinsamen Erfolges werden.

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