Christoph Bauer, Kooperation, Unternehmen, Wirtschaft, Menschenbild

Kein neues Jahr für den Homo oeconomicus

Ich bin ganz ehrlich zu Ihnen: Weihnachten bedeutet mir persönlich nicht so viel. Dennoch ist es auch für mich eine Zeit der Ruhe. Eine Zeit, in der ich reflektiere, an welchen Themen ich im kommenden Jahr persönlich und auch beruflich arbeiten möchte. 

Und eines kann ich Ihnen verraten: Für 2020 schreibe ich mir ein Thema auf die Fahnen, an dem Sie höchstwahrscheinlich auch in Ihrem Unternehmen arbeiten möchten … 

Adieu, Homo oeconomicus

Oder anders gesagt: Mein Ziel ist es, im kommenden Jahr den Homo oeconomicus aus Organisationen und Köpfen der Menschen zu verbannen. Denn sein Bild ist es, das sich vielfach negativ auf unsere Zusammenarbeit auswirkt. 

In Unternehmen und auch im privaten Austausch begegnet mir sehr häufig der Glaube, dass der Mensch vorrangig auf seinen eigenen Nutzen bedacht ist, sein Verhalten also nur nach wirtschaftlichen und rationalen Faktoren ausrichtet. Dabei ist der Homo oeconomicus lediglich ein Konstrukt der Wirtschaftstheorie. Ein Konstrukt jedoch, aus dem wir Prinzipien der Marktwirtschaft ableiten. Und nicht nur das – wir projizieren diesen Irrglauben auf den Menschen an sich.

Die Krux an der Sache: Ich bin der Überzeugung, dass das Bild des Homo oeconomicus nicht der Realität entspricht. Und es ist höchste Zeit, sich davon zu verabschieden. Schließlich führt dieser Irrglaube zu einem Zerrbild der Wirtschaft und des Menschen. Er vergiftet das Miteinander. Im Unternehmen trauen wir unseren Kollegen nicht mehr über den Weg und arbeiten dementsprechend nicht oder nur schlecht miteinander. 

Alles eine Frage des Menschenbildes 

Die Folge ist, dass sich untereinander Frust breitmacht. Wenn ein Mitarbeiter oder Kollege beispielsweise nicht engagiert ist und sich nur auf das Nötigste beschränkt, dann muss das laut dem Menschenbild des Homo oeconomicus daran liegen, dass er egoistisch lediglich nach seinem eigenen Vorteil schaut, auf Kosten der anderen, die die liegengebliebene Arbeit mitmachen müssen. Das führt natürlich auf allen Seiten zu Ärger und Frust. Dabei ist es lediglich eine Zuschreibung und ein Bild, dass wir uns von dem Mitarbeiter und Kollegen machen.

In einem meiner Workshops kam vor Kurzem genau dieses Thema auf. Eine Führungskraft war am Ende ihrer Weisheit – sie fand keinen passenden Weg mehr, eine Mitarbeiterin zu motivieren. Meine Antwort in solchen Fällen lautet meist: „Führungskräfte müssen und können ihre Mitarbeiter nicht motivieren – sie  sollten vielmehr danach schauen, was sie demotiviert. Und dann ist es ihre Aufgabe zu prüfen, wie sie die demotivierenden Aspekte aus dem Weg räumen, um wieder freie Bahn für die intrinsische Motivation zu schaffen. Nicht mehr, nicht weniger.“

In dieser Form über das Thema Motivation nachzudenken entspricht natürlich nicht dem Bild des Homo oeconomicus. Wenn ich den Menschen als Nutzenoptimierer sehe, ist es naheliegend durch Anreize motivieren zu wollen. 

Eine Aufgabe der Führung

Neuere Forschungen der Verhaltensökonomie revidieren dieses egoistische Menschenbild. Sie zeigen, dass der Mensch in der Evolution nur durch seine Fähigkeit zur Kooperation überleben konnte. Und dass wir uns als soziale Wesen am glücklichsten und sichersten in Gruppen fühlen. 

Der Mensch ist also kein Homo oeconomicus, sondern vielmehr ein Homo cooperativus. Wir entscheiden nicht nur nach rein rationalen und ökonomischen Faktoren. Stattdessen wird unser Verhalten auch von sozio-kulturellen Einflüssen und idealistischen Zielen geprägt. Menschen verhalten sich in der Regel nach einem Mindestfairnessprinzip, selbst wenn wir dadurch einen Nutzenverzicht erleiden.

Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitern nur die Möglichkeit geben, das auch ausleben zu können. Und die Basis für kooperatives Verhalten ist Vertrauen. Jede Form von Vertrauensmissbrauch führt unweigerlich zu absicherndem Verhalten und dazu, dass wir nur nach unserem eigenen Nutzen schauen. Aufgabe von Führung ist es somit, ein vertrauensvolles Umfeld zu fördern.

Für 2020 sehe ich meine Aufgabe darin, in den Unternehmen das Bewusstsein für den Mensch als Homo cooperativus zu stärken . Und das geht nur, wenn Unternehmen Räume schaffen, in denen Kooperation gelingen kann. In denen Mitarbeiter wirklich füreinander und miteinander arbeiten können. 

Ich freue mich auf diese Aufgabe, denn sie ist mir ein Herzensanliegen. Umso mehr freue ich mich, wenn Sie mit mir gemeinsam diesen Weg gehen!Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Dann freue ich mich, wenn Sie ihn teilen, mir auf den sozialen Kanälen folgen oder für weitere Impulse meinen Newsletter abonnieren: https://christophbauer.me/newsletter/[vc_column][/vc_column][/vc_row][vc_column][/vc_column][/vc_row]